Herr Grillparzer fasst sich ein Herz und fährt mit einem Donaudampfer ans Schwarze Meer
Ein Kammerspiel von Erwin Riess
«Meine Homerlektüre ist ins Stocken gekommen, seit sie den Likör serviert»
In Erwins Riess berührendem Kammerspiel ergreift Österreichs Nationaldichter im Jahr 1843 die Flucht vor dem Wiener Vormärz-Mief. Auf dem Schiff wird er von der ungarischen Stewardess Csilla betreut, die sich auf der Flucht vor ihrem Dorfpfarrer befindet. Ihre kluge Ungeschliffenheit und jugendliche Erotik erwecken sein Interesse, auch sie fühlt sich zu dem alternden Dichter mehr und mehr hingezogen. Zwischen den beiden Unbeugsamen entwickelt sich eine verletzliche Zuneigung.
«Vor jeder Reise bin ich krank, während meiner Reisen kränkle ich, und wenn ich glücklich wieder zurück bin, werde ich erst recht krank. Wozu dann noch verreisen? Aber in Wien zu sein, bringt mich um.»
Der Salon5 zeigt dieses Kammerspiel als Bühnenskizze, welche die beiden österreichischen Autoren Grillparzer und Riess sowie den Vorgang des Schreibens und Lesens an sich ins Zentrum stellt. Sie ist ein intimes Format zwischen szenischer Lesung und Zweipersonenstück mit Musik.
«Riessens Kabinenspiel aber strotzt vor Worten, klugen, schönen, zudem feinen. Als gelehrig in deren Gebrauch erweist die junge Frau sich zu aller Freude. Mit flinkem Wortwitz schaukelt sich die menschliche Erkundungsfahrt so vom Schriftstellern über Leibesübungen, bedrückende heimatliche Verhältnisse und Fieberdiktate gemächlich hoch. Das ergibt ein charmant ungleiches Liebestasten, schwelgerisch am Klavier begleitet und stimmig in sich. Gar beschaulich vielleicht, beließe es die Regie (Jérôme Junod) nicht bei einem szenischen Entwurf: Das Darstellerduo – Klar rührend und forsch zwischen Abgeklärtheit und Offenheit, Schily sinnend und väterlich – behält die Textblätter, auf denen Riess Grillparzers Duktus meisterlich nachbildet, in Händen. Da wird manche Stelle gesucht, und Requisiten bleiben der Imagination überlassen. Der Kniff macht wach.» Der Standard
«Jerôme Junod macht daraus eine szenische Lesung rund um ein knarzendes Bett, die er selbst am Klavier begleitet. Die zernudelten Skripte in den Händen der Akteure verleihen der kleinen, feinen Nachmittagsvorstellung einen zusätzlichen Charme.» Der Falter
«Hinter dem elendslangen Titel verbirgt sich ein poetisches Kleinod. […] Schöner kann man in die Gefühlslage zweier ganz unterschiedlicher Personen nicht eintauchen! […] Horst Schily zeigt einen meist grantelnden und fiebernden Grillparzer, der an einer Stelle mit einer beinahe schon Bernhard-gleichen Suada über die Zustände in Wien im Vormärz aufhorchen lässt. […] Saskia Klar, die erst in diesem Jahr ihr Studium am Max Reinhardt Seminar abgeschlossen hat, besticht in jeder einzelnen Minute. Die Vielfalt ihrer Ausdrucksmöglichkeiten scheint schier unbegrenzt. […] Wer sich diese Aufführung entgehen lässt, ist selbst schuld!» European Cultural News
Erwin Riess, geboren 1957 in Wien, ist Publizist und Politikwissenschaftler. Er studierte Politik- und Theaterwissenschaft in Wien. Riess arbeitete zunächst als Verlagslektor. Nach einem Rückenmarkstumor selbst Rollstuhlbenutzer, engagiert er sich für die Anliegen behinderter Menschen in der Gesellschaft. Von 1984 bis 1994 war er wissenschaftlicher Referent für behindertengerechtes Bauen im österreichischen Wirtschaftsministerium. Er engagiert sich bei EUCREA, dem europäischen Netzwerk für Kreativität von und für Personen mit Behinderung. 1998, 2000 und 2002 hatte er an der Universität Klagenfurt Gastprofessuren für Integrationspädagogik inne.
Seit 1994 lebt er als freier Schriftsteller. Bekannt wurde er als Theaterautor und Verfasser von absurden Kriminalromanen. 1998 war er Writer in Residence an der New York University. Er schreibt u.a. regelmäßig für die linken Zeitschriften Volksstimme und konkret über die politischen Verhältnisse in Österreich. 2002 erhielt er den Würdigungspreis für Literatur des Landes Niederösterreich. Er verfasst Theaterstücke, Hörspiele, Drehbücher und Prosa. Erwin Riess lebt in Wien und Kärnten.
Mit:
Saskia Klar, Horst Schily
Einrichtung und Klavier:
Jérôme Junod
Ausstattung:
Lydia Hofmann
Text:
Erwin Riess
Aufführungsrechte: Thomas Sessler Verlag, Wien
Salon5 am THALHOF
Thalhofstraße 23, 2651 Reichenau a.d. Rax
Premiere:
15. August 2016 (16:00 Uhr)
Vorstellungen:
20.8. (16:00 Uhr), 21.8. (15:00 Uhr), 28.8. (15:00 Uhr)
3.9. (15:00 Uhr), 4.9. (15:00 Uhr)
Previews in Wien:
Salon5 im Brick-5
Fünfhausgasse 5, 1150 Wien
20. / 21. / 28. / 29. Oktober 2015
20:00 Uhr (Einlass 19:00 Uhr)